Iran: Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi ist wieder frei!

Große Freude: Nahid Taghavi wird nach ihrer Ankunft am Flughafen Köln/Bonn von ihrer Tochter Mariam Claren herzlich in Empfang genommen und in die Arme geschlossen (12. Januar 2025).
Nach vier Jahren Haft und Folter ist ihr Leidensweg endlich vorbei: Die deutsch-iranische Frauenrechtlerin Nahid Taghavi wurde im Iran nach mehr als 1500 Tagen aus der Haft entlassen. Am 12. Januar 2025 ist sie sicher in Deutschland gelandet. Amnesty hatte sich jahrelang für ihre Freilassung eingesetzt. Wir freuen uns mit Nahid und ihrer Familie über diese großartigen Nachrichten.
"Meine Mutter ist endlich zu Hause", sagte Mariam Claren, Nahid Taghavis Tochter, nach der Freilassung ihrer Mutter.??"Worte reichen nicht aus, um unsere Freude zu beschreiben. Von Berlin bis Teheran: Eure Solidarität hat geholfen, Gerechtigkeit zu schaffen".
Nahid Taghavi wurde im Oktober 2020 bei einem Besuch in Teheran verhaftet und brutal aus ihrem Leben gerissen. In einem unfairen Gerichtsverfahren wurde die Frauenrechtlerin wegen angeblicher Beteiligung an einer "illegalen Gruppe" und wegen "Propaganda gegen den Staat" zu zehn Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Sie wurde gefoltert und monatelang in Isolationshaft gefangen gehalten.
Amnesty International betrachtete Nahid Taghavi als gewaltlose politische Gefangene, die allein wegen der friedlichen Ausübung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung festgehalten wurde.
Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, sagt: "Wir freuen uns außerordentlich mit Nahid Taghavi und ihrer Familie über ihre Freilassung. Nahid Taghavi war allein wegen der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert – das hätte nie passieren dürfen."
Von Einzelhaft bis zu Folter: Wie es Nahid Taghavi in iranischer Haft erging
Am 16.?Oktober 2020 nahmen Angehörige der iranischen Revolutionsgarde Nahid Taghavi, die schon zu Studienzeiten politisch aktiv war,?in ihrer Wohnung in Teheran fest. Die Behörden informierten ihre Familie weder über ihre Festnahme noch über ihren Aufenthaltsort. Nahids Verwandte begaben sich auf die Suche nach ihr. Als sie am 18.?Oktober 2020 das Evin-Gefängnis aufsuchten, fanden sie heraus, dass Nahid Taghavi dort in Einzelhaft gehalten wurde. Ihre Angehörigen bekamen keine Informationen über die Anklagepunkte gegen sie. Es hieß nur, sie werde aus "Sicherheitsgründen" festgehalten. Nach ihrer Festnahme hatte Nahid Taghavi bis zum 28.?Oktober 2020 keinen Kontakt zur Außenwelt. Erst dann gestatteten ihr die Gefängnisbehörden ein kurzes Telefonat mit ihrer Familie. Danach verwehrten ihr die Behörden erneut den Kontakt zu ihren Angehörigen, diesmal 35 Tage lang. Seit Dezember 2020 durfte sie regelmäßig telefonieren.
Von ihrer Verhaftung bis zur Verurteilung verbrachte Nahid Taghavi mehr als sieben Monate in Isolationshaft. Sie musste ohne Bett und Kissen auf dem Boden schlafen, wurde rund um die Uhr überwacht und durfte nur 30 Minuten pro Tag mit Augenbinde an die frische Luft.?Am 4. August 2021 wurde Taghavi von einem iranischen Gericht zu zehn Jahren Haft wegen der angeblichen Beteiligung an einer "illegalen Gruppe" verurteilt sowie zu acht Monaten wegen "Propaganda gegen den Staat". Diese Anklagen sind konstruiert.
Die grausamen und unmenschlichen Haftbedingungen und die mangelhafte medizinische Versorgung haben Spuren hinterlassen. Der Gesundheitszustand von Nahid Taghavi hatte sich seit ihrer Inhaftierung erheblich verschlechtert.
Im Juli 2022 wurde Nahid in einen akut benötigten medizinischen Hafturlaub entlassen. Doch bereits am 13. November 2022 musste sie wieder ins Gefängnis, obwohl ihre medizinische Behandlung noch nicht abgeschlossen war. Es folgten zwei weitere medizinische Hafturlaube im Jahr 2024, während derer sie eine elektronische Fußfessel tragen musste und sich nicht weiter als 1000 Meter von ihrer Wohnung entfernen durfte.